Abschluss „Schatzkiste 2020“
Einen Monat später als sonst hat sich die Schatzkiste in diesem Semester für mich geöffnet. Am Montag, 04.05 um 8:00 Uhr war unser erstes gemeinsames virtuelles Treffen. Dieses Seminar hat für mich den Anfang gemacht in diesem außergewöhnlichen Semester. Es war über 11 Wochen mein Start in die Woche, und jeden Montag auch mein Start in den Tag. Ich glaube ohne die Schatzkiste zum Start des Semesters und der Woche wäre mein Semester weniger positiv gewesen. Im Seminar habe ich gelernt, die aktuellen Einschränkungen wertzuschätzen und das Beste daraus zu machen. Ich habe gemerkt, dass es gut ist so wie es momentan ist. Auch wenn ich wirklich gerne nochmal zu Gast in der Wiedheckschule gewesen wäre, glaube ich, dass wir als Team das Beste daraus gemacht haben.
Im systemischen Denken ist das gemeinsame Erleben zentral. Doch genau dies ist im Moment nicht möglich. Auch wenn es schwierig war, sich über dieses Format auf die Metaebene einzulassen, habe ich gemerkt, dass ich wirklich jede Woche etwas gelernt habe. Denn im Moment lernen wir alle. Sei es die Zeit, die wir in das Verstehen der technischen Möglichkeiten investiertenoder in der wir am gemeinsamen Projekt arbeiteten. Wirhaben miteinander gelernt, aber auch voneinander. „Der Einzelne beeinflusst das System und umgekehrt. Das bedeutet, dass nichts bleibt, wie es ist. Sowohl der Einzelne als auch das System verändern sich ständig, in gegenseitiger Abhängigkeit“ (Gollor, 2015, S. 14). Ich bin mir sicher, dass wir in unseren Aufträgen an die Kinder einiges dazu gelernt haben, was wir ohne sie vermutlich nie entdeckt hätten.
Dieses Mal war es irgendwie auch ein Schatz für mich selber und ab der ersten Sitzung war ich mir sicher: „Hier fühle ich mich wohl“ (in Anlehnung an das Buch von Erika Gollor).
Dieses Seminar war anders als alle anderen. Hier habe ich mich wohl und ernstgenommen gefühlt. Hier habe ich mich getraut, etwas zu sagen. Hier wurde ich gesehen. Von anderen Seminaren kann ich das nicht sagen – stummgeschaltet und ohne Kamera. Hier habe ich verstanden: Unterschiede sind kostbar. Unterschiede machen den Unterschied. Die Schatzkiste hat ganz sicher einen Unterschied gemacht, denn es gab kein richtig oder falsch, kein gut oder schlecht. Es war für uns alle etwas Neues und Wahrheit entstand durch das Vertrauen von Mensch zu Mensch (vgl. Foerster & Pörksen, 2016, S.34).
Ähnlich wie die Bänder und Knoten in den Freundschaftsarmbändern, die wir zusammen geknüpft haben, zusammenhalten, halten auch wir Menschen in dieser schwierigen Zeit zusammen. Manche Seile sind näher, manche sind weiter entfernt, aber sie gehören alle zusammen und sobald ein Seil fehlt oder ausgeschlossen wird, dann zerfällt auch das Armband (die Gemeinschaft). „Das gemeinsame Am-Seil-Gehen erscheint mir als eine Konkretion der Idee von Verbundenheit“ (Foerster & Pörksen, 2016, S.165).
Laura hat einmal gesagt: „Wenn man anfängt, systemisch zu denken, hat man viel Spaß.“ Diesen Satz kann ich jetzt bestätigen. Jede Woche gab es neue Aufgaben. Es waren schöne, abwechslungsreiche Aufgaben, die mir Spaß gemacht haben. Auch die Blogbeiträge jede Woche waren für mich keine lästige Aufgabe. Sie haben mir selbst geholfen, das Gesagte zu verarbeiten und das Leben so zu lieben, wie es ist.
Das Leben beschert uns so viele Überraschungen! Es ist wie eine große Schatzkiste, die uns zum Staunen, aber auch zum Verzweifeln bringen kann – das haben wir jetzt gemerkt. Aber das ist nicht schlimm, denn im Grunde genommen ist jeder von uns ein Superheld. Wer weiß das schon. Wichtig ist einfach, jetzt aber auch später als Lehrerin immer man selbst zu sein und die Kinder an seinen Talenten, Leidenschaften und Fragen teilhaben zu lassen. Sozusagen als wöchentliche Einladung in eine ganz persönliche Schatzkiste, in der jeder das denken, sagen, tun und einbringen darf, was er möchte. Jeder von uns ist wie eine individuelle Schatzkiste mit verschiedenen Inhalten, Talenten, Wünschen, Leidenschaften, Gefühlen und Ängsten.Warum wollen wir dann immer noch, dass jedes Kind gleich ist? Lasst uns einen Unterschied machen! Denn wer will schon perfekte, vorhersehbare Maschinen, wenn wir eine Welt voller Superheldinnen und Superhelden haben können?
Auch wenn ich mich wirklich auf die vorlesungsfreie Zeitfreue, fehlt mir der Start in die Woche irgendwie. Umso mehr schätze ich es, dass wir einen Blog haben, der immer offen und zugänglich ist und nicht zu vergessen ein wunderbares Superhelden- und Freundebuch, das uns auch später noch an diese spannende Zeit erinnern wird.
Mein erster Blogbeitrag schloss mit folgendem Satz ab: „Ich freue mich auf diese Reise in das Unvorhersehbare und bin gespannt was die nächsten Wochen bringen werden.“ Nun kann ich sagen: diese Reise hat sich definitiv gelohnt. Sie war wie ein elfwöchiges Abenteuer in ein Land voller Superhelden und sie ist noch lange nicht vorbei, denn das eigentliche Highlight kommt ja noch.
Wenn ich dieses Seminar in drei (Würfel-)Ebenen beschreiben müsste, dann wäre es: Adjektiv: anders Nomen: Superkraft Verb: wertschätzen
Dementsprechend lautet mein Motto: Jeder Mensch ist anders, jedes Seminar ist anders. Jeder hat seine eigene persönliche Superkraft und genau das sollten wir wertschätzen.