Die Schatzkiste beginnt wie gewohnt mit einem gemeinsamen Sitzkreis. Kinder, Studierende, Dozentinnen und Lehrerinnen bilden gemeinsam einen Kreis.
Ein Mädchen aus der Zirkus-Gruppe präsentiert während dem Begrüßungslied verschiedene Bewegungen mit einem Gymnastikband. Es scheint, als würde sie sich zu Beginn, durch die vielen Augenpaare, die sie beobachten, ein wenig unwohl fühlen. Je häufiger das Lied jedoch wiederholt wird, desto sicherer fühlt sie sich. Dadurch, dass die Teilnehmer sich anschließend bei ihr bedanken und für sie klatschen, wird ihre Choreographie wertgeschätzt.
Im Begrüßungslied wird die Heterogenität, durch den Einbezug verschiedener Sprachen, konkret genutzt und ihr Potential erkannt. In folgenden Sprachen begrüßen sich die Mitglieder der Schatzkiste: Deutsch (Hallo), Französisch (Bonjour), Polnisch (Cześć), Italienisch (Buongiorno), Russisch (Гуттен Морген), Kurdisch (Marhaba), Bulgarisch (Здравейте), Luxemburgisch (Gudden Moien). Es ist schön zu beobachten, wie motiviert die Kinder ihre verschiedenen Sprachen in das Begrüßungslied mit einfließen lassen.
Wie gewohnt erfolgt daraufhin das Auspacken der Schatzkiste. Die Kinder schauen den Studierenden dabei sehr aufmerksam und gespannt zu. Nach einer kurzen Pause erfolgt etwas sehr Erstaunliches. Ein Mädchen ergreift, ohne dass irgendein Hinweis gegeben wird, die Initiative, erhebt sich aus dem Sitzkreis und geht höchst entschlossen geradewegs zur Kochgruppe. Die anderen Kinder beobachten dieses Vorgehen und schließen sich ihr an. Dadurch verteilen sie sich selbstständig auf die Gruppen, von denen sie heute gerne ein Teil sein möchten. Die Teilnehmeranzahl ist je nach Gruppe sehr unterschiedlich. So finden sich beispielsweise in der Theatergruppe 14 Kinder ein, während sich zwei Kinder für die Gruppe der Künstler entscheiden.
Im Sitzkreis befinden sich noch vier Kinder und eine Lehrerin. Zu vernehmen ist, dass diese Kinder zur Strafe noch nicht direkt beim Projekt mitwirken dürfen. Es ist deutlich zu beobachten, dass die betroffenen Kinder sehr darunter leiden, nicht wie ihre Mitschüler von Beginn an in den Gruppen mitarbeiten zu dürfen. Die Art der Bestrafung im Rahmen der Schatzkiste empfinde ich als sehr unangebracht. Nach einiger Zeit dürfen die Kinder nach und nach sich für eine Gruppe entscheiden. Erstaunlich zu beobachten ist hierbei, dass ein Kind, das bisher immer in der Theatergruppe mitgewirkt hat, sich heute für die Zirkusgruppe entscheidet.
Bei der Arbeit in den Kleingruppen lässt sich aus der Position der Beobachter eine klare Raumaufteilung erkennen. Die Theatergruppe unterteilt sich in drei Untergruppen und bildet gemeinsam mit der Zirkusgruppe vier kleine Sitzkreise. Hierbei erfolgt sehr viel Kommunikation und alle Kinder sind beteiligt.
Die Gesangsgruppe und die Gruppe der Künstler befinden sich im Flur. In der Gesangsgruppe werden die Kinder in den Entscheidungsprozess miteinbezogen. Es werden zwei Lieder zur Auswahl gestellt, die Kinder entscheiden sich einstimmig für eines der beiden. Zunächst singen sie das Lied gemeinsam mit den Studierenden in einem Stehkreis, anschließend kommt die Bewegung hinzu. In der Gruppe der Künstler befinden sich zwei Jungen und eine Dozentin, die als Vertretung für einen Studenten fungiert. Der eine Junge ist völlig ins Zeichnen versunken und lässt in ausgeglichener Haltung ein Gesicht auf seinem Papier entstehen. Nach einiger Zeit streicht er sein gezeichnetes Gesicht jedoch durch und beginnt auf der Rückseite von vorne. Der andere Junge realisiert auf dem Papier eine Szene aus dem Computerspiel „Fortnite“. Unabhängig von der Haltung, die die Dozentin zu diesem Spiel hat, wird dieses Motiv zugelassen, was ich als sinnvoll empfinde, da dadurch ein Bezug zur Lebenswelt dieses Jungen hergestellt werden kann.
Die Trommelgruppe befindet sich in einem eigenen Raum und besteht aus einem Kind und drei Studierenden. Das Lied „Kogong“ von Mark Forster wird mit den Trommeln rhythmisch begleitet. Hierbei ist zu beobachten, dass das Kind den Rhythmus schon sehr schön mittrommeln kann.
Um das Geschehen in der Kochgruppe zu beobachten, fehlt mir leider die Zeit.
Nach der Arbeit in den Kleingruppen, versammeln sich alle wieder im großen Sitzkreis. Die Kinder haben großes Redebedürfnis und tauschen sich über das Erlebte aus. Um die Kinder auf die folgende Traumreise vorzubereiten, beginnt eine Studentin mit dem Klatschrhythmus, wobei nacheinander alle einsteigen. Im Anschluss daran haben die Kinder ihre Gespräche eingestellt. Eine Lehrerin greift hierbei jedoch ins Geschehen ein, indem sie zwei Kinder umsetzt, was meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig gewesen wäre.
Die Kinder schließen ihre Augen und erleben eine Traumreise, die von einer Dozentin erzählt wird. Sie machen dabei eine Reise in die Zukunft, durch die sie erfahren sollen, in welcher Gruppe sie gerne bis zur Aufführung am Projekt mitwirken möchten. Es ist zu beobachten, dass die Kinder mit der Methode der Traumreise scheinbar noch nicht vertraut sind, da einige hierbei etwas unruhig sind, nicht durchgängig die Augen geschlossen halten und sich nicht völlig auf die Traumreise einlassen können.
Auch im Hinblick auf die beiden Lehrpersonen lassen sich interessante Unterschiede erkennen. Während die eine Lehrperson sich völlig entspannt und in das Geschehen integriert, wirkt die andere Lehrperson eher angespannt und skeptisch. Statt die Augen zu schließen, beobachtet sie die Kinder und es scheint, als könne sie sich nicht auf die Traumreise einlassen.
Nach der Traumreise verteilen sich die Studierenden der jeweiligen Gruppen im Raum. Eine Dozentin erklärt, dass die Kinder sich nun frei für eine Gruppe entscheiden dürfen, in der sie dann bis zur Aufführung mitwirken werden. Zunächst werden Fragen der Kinder aufgegriffen und geklärt, anschließend wird Musik angestellt und die Kinder haben die Möglichkeit, sich für eine Gruppe zu entscheiden. Es ist sehr spannend zu sehen, wie direkt und entschlossen sich die Kinder für ihre Gruppen entscheiden. Nur bei sehr wenigen Kindern benötigt der Entscheidungsprozess mehr Zeit. Ein Mädchen, das zuvor sehr begeistert in der Zirkusgruppe mitgewirkt hat, wirkt sehr unentschlossen. Die beiden Lehrerinnen versuchen, ihr bei der Entscheidung zu helfen. Nach einiger Überlegung entscheidet sie sich schließlich für die Theatergruppe, was für mich sehr erstaunlich ist, da sich dieses Mädchen bisher sehr schüchtern und ruhig verhalten hat. Eine Lehrerin vermutet, dass sie sich dafür entschieden hat, da sich dort einige ihrer Freundinnen befinden.
Für die Zirkusgruppe hat sich bisher kein Kind entschieden. Es bleibt abzuwarten, ob vielleicht noch welche von den fünf Kindern, die heute fehlen, Teil der Zirkusgruppe sein möchten.
Die Kleingruppen verteilen sich nun in fünf Sitzkreisen im Raum. Die Namen für die Gruppen werden festgelegt, wobei die Kinder verschiedene Vorschläge machen, für die sie dann abstimmen können. Festgelegt werden schließlich folgende Gruppen-Namen: „Schauspieler“, „Trommel-Kids“, „Kochprofis“, „Die coolen 8“ und „Künstler“. Diese Namen werden gemeinsam mit den Fotos der jeweiligen Kinder und Studierenden auf Plakaten festgehalten, wobei die Kinder bei der Plakatgestaltung aktiv mitwirken können.
Anschließend stellen sich die Gruppen kurz vor und die Plakate werden aufgehängt, wobei die Kinder sich gegenseitig Interesse entgegenbringen und aufmerksam zuhören.
Mit dem Abschlusslied wird die Schatzkiste beendet.