Diese Beobachtungen sind wenig auf Heterogenität fokussiert. Grund dafür ist, dass sich durch die Aufteilung der Gruppe in verschiedene Teilgruppen und teilweise auch Räume eine nähere Beobachtungssituation ergeben hat, in der fast alle Beobachtungen wichtig und interessant genug erschienen, um aufgeschrieben zu werden. Trotzdem haben die meisten Beobachtungen einen Bezug zur Heterogenität, auch wenn er nicht offensichtlich ist.
Der Lesbarkeit halber werden die Wörter „Schüler“ und „Student“ in männlicher Form stellvertretend für Personen aller Geschlechter verwendet.
Nach dem Begrüßungslied folgt eine, für die Gruppendynamik interessante Aufgabe: Die Kinder sollen den Stundenten sagen, wie es weitergehen soll. Das lässt die Frage nach dem Verhältnis und der Hierarchie zwischen Kindern und Studierenden aufkommen. Beides scheint weder festgelegt noch stabil zu sein: Während bei den gemeinsamen Runden im Sitzkreis Studenten und Schüler auf einer Ebene zu stehen scheinen, ist dieses Verhältnis in den Gruppenarbeiten unterschiedlich, jedoch fast immer mit den Studenten in dominanteren Positionen. Diese flexible Autoritätszuteilung scheint jedoch für die Kinder kein Problem darzustellen.
Beim auspacken der Kiste ist die Stimmung etwas gelöster als letzte Woche, jedoch ist auch dieses Mal die Spannung und Erwartung noch deutlich zu spüren.
Interessant ist auch, dass sich die Gruppe in Athmosphäre und Dynamik kaum von der ganzen Gruppe unterschied, obwohl eine ganze Klasse gefehlt hat.
Im folgenden finden sich Beobachtungen zu den einzelnen Angeboten. Zunächst lässt sich aber festhalten, dass auch in dieser Woche bei allen Studenten und Schülern eine große Motivation zu erkennen war. Außerdem sind in keiner Gruppe Disziplinprobleme aufgetreten. Hier scheint ein Zusammenhang zu existieren. Auch im sozialen Miteinander der Kinder habe ich keine Konflikte beobachtet.
Theater: Zwei der Mädchen der Theatergruppe wirkten zu Beginn schüchtern. Sie waren vor einer Woche auch schon in der Theatergruppe gewesen, schienen jedoch neu „auftauen“ zu müssen. In einem Theaterspiel mit viel Bewegung wirkten sie gelöster, bei einem späteren ruhigeren Spiel jedoch wieder eher schüchter. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die Schüchternheit der Mädchen in den nächsten Wochen entwickelt. In der Theatergruppe leiten die Studentinnen die Gruppe gemeinsam oder wechselseitig.
Trommeln: Beim Trommeln ist eine Heterogenität in der Gemeinsamkeit spürbar: Die Gruppe trommelt einen gemeinsamen Rhythmus, aber es sind dennoch Unterschiede sichtbar. Sowohl Studierende als auch Schüler trommelten sehr unterschiedlich in Bezug auf Haltung und Technik. In der Trommelgruppe empfand ich Frau Marouelli als starke Führungspersönlichkeit.
Kochen/Backen: In dieser Gruppe waren zeitweise Kinder ohne direkte Beschäftigung: Sie sahen zu anderen Gruppen, unterhielten sich und sahen teilweise von außen gelangweilt aus. Konnten sie dann aber selbst etwas tun zeigte sich ein großes Interesse und viel Motivation. Besonders beim Dekorieren wirkten die Kinder begeistert, tauschten sich aus und halfen sich gegenseitig. Interessanterweise äußerten besonders viele Kinder aus dieser Gruppe im Endkreis, dass sie es toll fanden, dass sie so viel machen konnten. Offenbar empfanden sie die kurzen Beschäftigungspausen nicht als Störung.
Malen: Zwischen Student und Schüler war ein partnerschaftliches Verhältnis spürbar. Es wirkte weniger wie eine Anleitung, eher wie eine gegenseitige Bereicherung. Beide waren vertieft in die Kunst und dabei gleichzeitig eigenständig und in Austausch miteinander. Hier wirkte die Grenze zwischen den Hierarchieebenen am schwächsten.
Singen: Die Gruppe der Singenden trifft Entscheidungen gemeinschaftlich. Dabei scheinen die Kinder das gleiche Mitspracherecht wie die Studenten zu besitzen. Es zeigte sich jedoch, dass die Erwachsenen in Redeanteil und daraus folgend „Entscheidungsanteil“ dominierten, während sich die Kinder eher zurücknehmen zu schienen.
Beim gemeinsamen „Zusammentrommeln“ im Endkreis empfand ich ein starkes Gemeinschaftsgefühl. In der Reflektionsrunde waren die Kinder sehr aufmerksam; jeder Beitrag scheint wichtig zu sein. Interessanterweise gaben die Studenten dieses mal keine einfachen Erfahrungsberichte ab, sondern ihre Beiträge scheinen pädagogische Rückmeldungen an die Kinder der Gruppen zu sein, indem der Ablauf der Stationenarbeit zusammengefasst und positive Aspekte hervorgehoben wurde.
Ähnlich wirkt auch die Aussage der begleitenden Lehrerin, die auf die ungleiche Verteilung der Gruppengrößen hinwies und die Kinder aufforderte in der nächsten Woche daran zu denken. Diese Aufforderung steht in Widerspruch zu dem Grundsatz, dass die Kinder sich frei zu den Angeboten zuteilen sollen. Im Abschlussgespräch zeigte sich, dass viele Studierende die Aussage der Lehrerin gestört hat.
Als im Abschlusskreis ein Händedruck weitergegeben werden soll, blieb dieser bei einem Schüler hängen. Dadurch dauerte es lange bis der Händedruck wieder bei Frau Joschko angekommen war. Trotzdem ließen die Schüler ihre Augen zu und blieben aufmerksam. Der Abschlusskreis hatte auf mich eine spürbar schließende Wirkung.
Es war eine unglaublich spannende Aufgabe die sehr unterschiedlichen Gruppen beobachten zu können. Die Freude und Motivation bei allen Beteiligten ist ein Geschenk und schafft Vorfreude auf die kommenden Wochen.